„Die Friedensfrage ist eine Bekenntnisfrage. Durch sie ist für uns der status confessionis gegeben, weil es in der Stellung zu den Massenvernichtungsmitteln um das Bekennen oder Verleugnen des Evangeliums geht.“ So lautete 1982 die zentrale theologische Erkenntnis, mit der der Reformierte Bund einen neuen Akzent in der deutschen Friedensdiskussion der 1980er Jahre gesetzt hat.
Die theologische Erklärung des Reformierten Bundes kam damals zu dem Schluss, dass es „für staatliche Machtmittel… eine durch das Gebot des Herrn gesetzte Grenze [gibt], die nicht überschritten werden darf“ und dass darum “von Seiten der Christen ein aus dem Bekenntnis zu Gott dem Schöpfer, Versöhner und Erlöser gesprochenes bedingungsloses "Nein!", ein "Nein ohne jedes Ja"“ zu Massenvernichtungswaffen gelten muss.
Daraus wurde das Motto der christlichen Friedensbewegung, das auf Plakaten, Bannern und den berühmten lila Tüchern zu lesen war: „Die Zeit ist da für ein Nein ohne jedes Ja zu Massenvernichtungswaffen“.
Was ist aus dieser klaren Zeitansage geworden? Wo ist 35 Jahre später das „Nein ohne jedes Ja“ noch zu vernehmen?
Auf dem Fliegerhorst Büchel in Rheinland-Pfalz sind amerikanische Atomwaffen weiterhin einsatzbereit. Die NATO verfolgt unverändert eine atomare Abschreckungspolitik gegenüber Russland. Die bestehenden atomaren Arsenale werden modernisiert. Die Zahl der Atommächte nimmt zu und die Regierenden, die über den Einsatz von Atomwaffen entscheiden, sind nicht vertrauenswürdiger geworden.
Vor wenigen Tagen, am 7. Juli, ist von den Vereinten Nationen ein Vertrag über das Verbot von Atomwaffen beschlossen worden. Nachdem schon chemische und biologische Massenvernichtungswaffen von der Weltgemeinschaft geächtet wurden, sollen nun endlich auch Atomwaffen völkerrechtswidrig werden.
Wenig beachtet von Presse und Öffentlichkeit, gewissermaßen im Schatten des G20 Gipfels und der Hamburger Krawalle ist von 122 Ländern ein internationales „Nein ohne jedes Ja“ zu Atomwaffen verabschiedet worden. Es hat zwar keine Atommacht und kein NATO-Mitgliedsland dafür gestimmt, aber, wenn bis zum 20. September 50 Staaten den Vertrag ratifizieren, tritt er in Kraft.
Die Bundesregierung hat sich sowohl von den Verhandlungen als auch von der Abstimmung ferngehalten. Protest war nicht zu vernehmen, auch nicht von denen, die schon vor 35 Jahren erkannt haben, dass es sich hierbei um eine Bekenntnisfrage handelt. Noch ist es nicht zu spät, aufzustehen. Die Zeit ist da, die Stimme zu erheben für das „Nein ohne jedes Ja“ zu Atomwaffen, damit Deutschland zu den Ländern gehört, die den Atomwaffenverbotsvertrag noch in diesem Jahr unterzeichnen.