Wandel aufhalten!

Einspruch! - Kolumne von Georg Rieger

Foto: Rieger

Nicht nur das wettertechnische Klima wandelt sich, sondern auch das gesellschaftliche. Mit welchen Strategien lässt sich beides aufhalten?

In diesen heißen Tagen wird das Thema Klimawandel wieder hochgekocht. Kein Wunder, aber doch ulkig, dass wir Menschen alles erst am – in diesem Fall schwitzenden – Leib erfahren müssen, bevor wir etwas glauben. Oder etwas tun. Oder jedenfalls etwas tun wollen.

Denn mit der Abkühlung am Wochenende wird auch die Diskussion um den Klimawandel wieder lau werden. Wie schon so oft. Bis zum nächsten extrem kalten oder viel zu warmen Winter, der nächsten Flutkatastrophe oder bis zur nächsten Hitzewelle – dann eben erst in einem Jahr.

Dabei sind die Ergebnisse einer neuen Studie zum Klimawandel wirklich dramatisch. Wie aus einem dieser Katastrophenfilme. Die Forscher befürchten einen Klimakollaps mit unabsehbaren Folgen. ZDF-Beitrag: Heißzeit https://www.zdf.de/nachrichten/heute/interview-studie-erde-droht-heisszeit-100.html

Und was können wir tun? Bringt es eigentlich noch irgendetwas, wenn wir auf Flugreisen verzichten? Strom sparen und auf Elektroautos umsteigen – geht das wirklich beides? Können wir die Erderwärmung wirklich aufhalten mit unseren Konzepten? Währenddessen schippern Tanker unser Bio-Obst über die Weltmeere und hauen mehr CO2 raus, als alle Fahrzeuge der Welt. Notopia: Kreuzfahrtschiffe und Schwefeloxid http://www.notopia.net/blog/2306/kreuzfahrtschiffe-schwefeloxid

Ein anderer Wandel, der Grund zur Sorge bietet, ist der Rechtsruck in unserer Gesellschaft. Rassismus ist zunehmend gesellschaftsfähig und Ausländerhass kann unverhohlen geäußert werden. Verbale Entgleisungen bleiben in der Regel ohne Folgen. Wie auch, wenn gleichzeitig von staatlicher Seite Seenotrettung von Flüchtlingen verhindert und Rechtsansprüche von Geflüchteten ausgehebelt werden. Das sind Entwicklungen, die wie der Klimawandel unaufhaltsam scheinen. Gelegentliche Empörung vonseiten des gutmenschelnden Establishments hilft nicht viel. Morgen geht es munter weiter mit Verschwörungstheorien und Lügen, die einzig und alleine in die Welt gesetzt werden, um Angst zu machen und zu verunsichern. Insgesamt verschiebt sich die Normalität, wie der nicht mehr ganz neue Artikel aus dem Tagesspiegel eindrücklich beschreibt: Die schleichende Gefahr https://www.tagesspiegel.de/politik/die-schleichende-gefahr-wie-rechtspopulisten-die-normalitaet-verschieben/19317192.html

Manches, was sich wandelt, kann man nicht aufhalten. Beim Klimawandel ist es – je nach Prognose – möglicherweise schon zu spät. Auch der Rechtsruck ist schwer wieder einzuholen. Haben sich Feindbilder und Fronten erst einmal aufgebaut, ist das Rad mühsam zurückzudrehen. Umso wichtiger ist es, die Bremse jetzt reinzuhauen, Widersprüche aufzuzeigen, Strategien zu enttarnen und Gemeinheiten zu widersprechen.

Der Glaube daran, dass alle Menschen von Gott gleich geliebt sind und wir ihm in dieser Menschenfreundlichkeit nachzueifern haben, muss uns mutiger machen. Selbiges gilt für unsere Lebensumgebung, die Natur, die Atmosphäre, die Artenvielfalt. Die Spirale wird nicht von selbst langsamer, wenn sie sich erst einmal zu drehen begonnen hat. Und in beiden Fällen – beim Klima wie bei der gesellschaftlichen Stimmungslage – ist es spät. Sehr spät. Aber hoffentlich nicht zu spät.

 


Georg Rieger