Guter Klitschko, böser Özil

Mittwochskolumne von Paul Oppenheim

© Wikipedia

Vitali Klitschko hat sich in die Herzen der Deutschen geboxt und als ukrainischer Politiker viel Sympathie geerntet. Der deutsche Nationalspieler und beliebte Vorzeigemigrant Mesut Özil ist wegen eines Fotos mit dem türkischen Präsidenten in Ungnade gefallen. Wie passt das zusammen?

Die Klitschko-Brüder haben nie einen deutschen Pass beantragt und waren doch gefühlt „deutsche Sportler“, die das deutsche Publikum gerne „adoptiert“ hat, wie in der Sportpresse zu lesen war. Als Vitali Klitschko vom Sportler zum ukrainischen Politiker mutierte und zum Bürgermeister von Kiew gewählt wurde, erfuhr er die Unterstützung der deutschen Medien, der Öffentlichkeit und sogar der Bundeskanzlerin, weil er den westlichen Anti-Putin und pro-Poroschenko-Kurs vertrat.

Ganz anders erging es Mesut Özil, der zwar in Gelsenkirchen zur Welt kam und seit seinem 18 Lebensjahr deutscher Staatsbürger ist. Als er dem türkischen Präsidenten Erdogan sein Trikot überreichte und mit ihm für ein Foto posierte, erhob sich ein Sturm der Empörung. „Wahlkampfhilfe für den Diktator Erdogan“ hieß es sofort. Darf ein türkischstämmiger Deutscher derartig Partei beziehen? Darf er mit seiner Popularität die Politik Erdogans unterstützen? Ist das überhaupt mit seiner deutschen Staatsangehörigkeit kompatibel?

Gleichzeitig beziehen türkischstämmige deutsche Politiker und Politikerinnen ungehemmt Position gegen Erdogan und werden von den Medien immer wieder gerne zitiert und unterstützt. Cem Özdemir von den Grünen lässt keine Gelegenheit aus, sich in türkische Innenpolitik einzumischen. Sevim Dagdelen, die sogar die kurdische Fahne im Bundestag schwenkte, zieht ständig gegen die türkische Regierung zu Felde. Sollen sie deswegen ihr Bundestagsmandat niederlegen wie Özil seine Zugehörigkeit zur deutschen Nationalelf?

Ich habe den Eindruck, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird. Wer sich als türkischstämmiger Deutscher gegen Recep Tayyip Erdoğan ausspricht, wird hierzulande gefeiert. In der Türkei muss er oder sie allerdings mit Repressalien rechnen.

Wer aber Erdogan unterstützt, erleidet hierzulande zwar keine Repressalien, muss aber mit allerlei Anfeindungen rechnen. Das hat jetzt Mesut Özil erfahren müssen und auch Mustafa Erkan, der ehemalige SPD-Politiker aus Niedersachsen, der als Erdogan-Anhänger fürs türkische Parlament kandidiert hat.

Das hat mit Rassismus nichts zu tun, aber es widerspricht dem Grundgesetz, wo es im selben 3. Absatz des dritten Artikels heißt, dass man wegen seiner politischen Anschauungen ebenso wenig benachteiligt oder bevorzugt werden darf, wie wegen seiner Rasse, Sprache, Heimat und Herkunft.


Paul Oppenheim