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Bilder sind Teil der Kampfhandlungen
Einspruch! – Mittwochs-Kolumne von Georg Rieger
Es sind nicht viele, die sich dafür ernsthaft interessieren, aber die es tun, stehen sich fast so unversöhnlich gegenüber wie die Kriegsparteien vor Ort.
Wahrscheinlich ist es im Nahen Osten nicht anders: Die meisten möchten einfach in Ruhe und Sicherheit leben. Aber einige Hitzköpfe verfolgen andere Ziele: die Zerstörung des Staates Israel, die Bekämpfung der Terroristen, was auch sonst …
Schon sich dieses klar zu machen, könnte hierzulande ein bisschen entspannend wirken: Nicht die Israelis marschieren in den Gaza-Streifen ein, sondern das israelische Militär. Nicht die Palästinenser feuern Raketen auf Israel ab, sondern Kämpfer der Hamas.
Beide militärischen Verbände wähnen zwar die jeweiligen Bevölkerungen hinter sich und haben sie vielleicht auch. Doch geschieht diese Solidarisierung in der Regel erst, wenn die Kämpfe im Gange sind.
Dann beginnt nämlich auch der Kampf um die Bilder. Die mediale Berichterstattung ist längst Teil der Kampfhandlungen geworden. Diese Bilder bekomme ich momentan auf facebook gepostet und kann damit ganz schwer umgehen. Zum einen weil mir die darin zum Teil stilisierte Ästethik des Leids aufstößt, zum anderen aber, weil ich die Bandbreite der damit verbundenen Botschaften nicht absehen kann: Geht es da um Mitleid? Um Frieden? Um Anklage? Gar um Antisemitismus? Was lösen sie – vielleicht ungewollt – bei den Rezipienten aus?
Manche Begleittexte finde ich durchaus richtig (ich schreibe absichtlich nicht ergreifend, weil das in diesem Zusammenhang fast abschätzig wirkt). Viele aus dem Krisengebiet stammenden Geschichten sind schlimm, grausam, abstoßend und sie machen mich tatsächlich auch wütend.
Aber ich weigere mich trotz allem, das Klischee der übermächtigen Israelis und der ohnmächtigen Palästinenser zu akzeptieren. Diese Bilder sind Momentaufnahmen aus einem Konflikt, der auch ganz andere Szenen kannte und noch kennt. Solche Bilder verzichten auf jedes Hintergrundwissen. Dagegen schaffen sie etwas, das dieser Krieg nun wirklich als allerletztes braucht: sie polarisieren.
Auch wir hier haben die Chance, etwas zu lernen. Der Israel-Palästina-Konflikt zeigt uns deutlich, dass wir generell davon wegkommen müssen, Klischees zu bedienen. Weltpolitik lässt sich nicht in ein paar Bilder pressen, mit denen Mitleid und Wut erzeugt wird. Solche verkürzten Botschaften sind gut gemeint aber hochgradig gefährlich – bis dahin, dass sie weiteres Leid provozieren.
Bilder kann man nicht verbieten – in unserer Zeit weniger denn je. Aber ich kann mich im Umgang damit schulen. Das zweite Gebot ist mehr als andere eines, das nicht auf gesetzmäßige Umsetzung, sondern auf Selbstreflektion zielt. Die ist in diesen Tagen vonnöten.