If I Win

Einspruch! - Mittwochs-Kolumne von Georg Rieger


Michelangelo Caravaggio, Narziss

Der Siegeszug der Narzissten muss gestoppt werden.

Die Wähler/innen in den USA hätte nicht für Donald Trump sondern gegen das Establishment gestimmt, äußerte Ministerin von der Leyen am Dienstagmorgen letzter Woche. Viele Analysen gehen seither in die Richtung, das Wahl Trumps als einen Aufstand der sich übergangen Fühlenden zu erklären, die sich ihren Retter gesucht haben.

„America first!“ – das klingt gut, nach Stärke, Überlegenheit, Macht. Wer so etwas durchsetzen will, der darf dann schon so ein Typ sein, der seine Mitarbeiter ausbeutet, Frauen begrapscht und Minderheiten drangsaliert. So ein richtig autoritäres … halt.

Der Wunsch nach dem starken Mann geht so weit, dass sich viele Mitglieder genau der von ihm verächtlich behandelten Gruppen zu ihm bekennen: über 50 Prozent der weißen Frauen, ein Drittel der Latino-Männer, immerhin 12 Prozent Schwarze.

Sie wollen mit der aufgedrückten politischen Korrektheit nichts mehr zu tun haben. Respekt, Anstand, Rücksicht auf Schwächere, Toleranz und die Vielfalt von Lebensformen – all das ist doch die arrogante Haltung eines linken großstädtischen Establishments. Nun, nach der Nominierung von Stephen Bannon als Chefberater ist klar, dass Rassismus, Homophobie und Chauvinismus in der amerikanischen Gesellschaft salonfähig gemacht werden sollen.

Nicht erst seit letzter Woche und auch nicht erst seit Pegida und AfD stehen auch hierzulande die Fürsprecher einer Wende rückwärts in den Startlöchern. Es wird dort in den USA und hier bei uns darauf ankommen, diesem Wunsch nach Gewinnertypen etwas entgegenzusetzen.

Sowohl sozial wie auch geistig müssen wir uns mehr umeinander kümmern. Das bedeutet nicht, auf die zuzugehen, die am lautesten schreien. Wie auch sonst im Leben kann man mit Aufgeputschten nicht reden. Es gibt aber viele Menschen, die (noch) ruhig sind und erreichbar, und die es verdient hätten, dass sie den Respekt erfahren, von dem in Sonntagsreden (Predigten eingeschlossen) so oft die Rede ist. Das ist eine diakonische, eine Bildungs- und eine politische Aufgabe.

Noch gibt es in Deutschland den Narzissten nicht, der sich aus der Deckung traut. Doch es ist nur eine Frage der Zeit, dass es einer – vielleicht auch eine – versuchen wird. Nutzen wir die Zeit, um den Wind aus diesen Segeln zu nehmen!

Georg Rieger