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Mit den Rechten reden
Einspruch! - Mittwochs-Kolumne von Georg Rieger
Als Jugendlicher war ich fest davon überzeugt, dass wenn mir gegenüber einer den Holocaust leugnen oder ganz offen antisemitische Sprüche loslassen würde, ich diesem eine aufs Maul geben würde. Diesen jugendlichen antifaschistischen Übereifer habe ich überwunden. Allerdings treibt es mir immer noch das Adrenalin in die Blutbahnen wenn ich Menschen zuhören muss, die unverblümt menschenverachtende Reden schwingen, Tatsachen verdrehen und Ängste schüren.
Die Frage, ob mit Pegida-Demonstranten oder AfD-Anhängern zu reden ist, wird seit Jahren kontrovers diskutiert. Tatsächlich gelungen ist es nur wenigen. Am vergangenen Samstag ist es nun auf der Frankfurter Buchmesse zu Tumulten bei der Buchpräsentation eines rechten Verlags und dem Auftritt von Björn Höcke gekommen.
In den Kommentaren zu diesem Geschehen wird den Demonstranten vorgeworfen, den Rechten in die Arme gespielt zu haben. Diese könnten sich nun als Opfer gerieren. Tom Kraushaar, der Verleger des viel diskutierten Buches „Mit Rechten reden“, sagt zum Beispiel gegenüber der WELT über die (linken) Demonstranten: „Das sind sympathische Leute mit den richtigen Zielen, aber sie haben nicht geschnallt, wie die Rechte funktioniert. Sie sind wie eine gut geölte Maschine, die sich die Rechten ausgedacht haben, damit auf Knopfdruck das passiert, was sie wollen. Der Plan ist perfekt aufgegangen.“
Die instinktive Reaktion auf rechte Hetze, die sich zudem immer subtiler im bürgerlichen Mäntelchen präsentiert, ist also problematisch geworden. Empörung und Protest führen zu noch mehr Zulauf oder mindestens zusätzlichen Sympathien für die, denen man das Wasser abgraben will. Die drei Autoren, Per Leo, Max Steinbeis und Daniel-Pascal Zorn, die den oben genannten „Leitfaden“ verfasst haben, plädieren dafür, sich mit den Rechten inhaltlich auseinanderzusetzen und Situationen zu vermeiden, aus denen heraus sich diese als Opfer stilisieren können.
Die Kritik an den „Linken“, die in dem Buch immer wieder zur Sprache kommt, tut einerseits weh. Sind wir nicht zurecht aufgebracht, wenn Lügen verbreitet werden und Menschen verächtlich gemacht, ja deren Tod (an den Grenzen Europas oder im Mittelmeer) in Kauf genommen wird?
Anderseits: Wann immer ich solche hitzigen Diskussionen geführt habe, habe ich mich danach elend gefühlt. War ich wirklich ich selbst, als ich verbal ausgetickt bin? Habe ich nicht da eben selbst Menschen verachtet für das, was sie denken und sagen? Bin ich eigentlich glaubwürdig? Ein gutes Beispiel dafür, wie ich mir menschenfreundliche Menschen vorstelle?
Es ist Zeit für einen Strategiewechsel im Umgang mit den Rechten. Und ich merke für mich, dass das noch ein schwieriger Schritt wird. Aber ein lohnender. Denn der Menschenfreundlichkeit zu dienen, kann natürlich nur gelingen, wenn diese auch dem rechten Hetzer zugutekommt. Eben in der Weise, dass er (oder sie) sich davon vielleicht irgendwann wieder überzeugen lässt. Beispiele hierfür gibt es ja auch genügend. Die sollten uns Mut machen.