Gemeinschaft in versöhnter Verschiedenheit: 'Bitter nötig'

ErK: Festakt zum 50-jährigen Jubiläum der Leuenberger Konkordie in Emden

Susanne Bei der Wieden (Kirchenpräsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche); Annette Kurschus (Ratsvorsitzende der EKD); Mario Fischer (GEKE-Generalsekretär); Kestutis Daugirdas (Wissenschaftlicher Direktor der Johannes a Lasco Bibliothek), Tim Kruithoff (Oberbürgermeister der Stadt Emden) © Ulf Preuß

Die evangelischen Kirchen wollen und sollen sich mit eigener Stimme an den europäischen Themen beteiligen. Das betonten Kirchenvertreterinnen und -vertreter bei einem Festakt in der Emder Johannes a Lasco Bibliothek.

Sie erinnerten dabei an die Leuenberger Konkordie, mit der vor 50 Jahren evangelisch-lutherische und evangelisch-reformierte Kirchen ihre 450 Jahre andauernde Kirchenspaltung überwanden und eine neue Kirchengemeinschaft schufen.

Mit der am 16. März 1973 in Leuenberg bei Basel verabschiedeten Konkordie erkennen die lutherischen, reformierten und unierten Kirchen in Europa gegenseitig das Abendmahl und die Taufe, ihre Ämter und die Berechtigung zur Predigt an. Zuvor formulierte Verurteilungen wegen vermeintlicher Irrlehren wurden gestrichen. Rund 20 Jahre später gründete sich die „Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa“ (GEKE), der heute 95 evangelische Kirchen angehören.

Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, hob die Bedeutung des Leitworts von Leuenberg hervor: „Gemeinschaft in versöhnter Verschiedenheit“ sei ein Konzept von hoch aktueller Bedeutung und habe großes Potential auch im politischen Raum. Kurschuss sagte: „Wie bitter nötig Europa diese Stimme braucht, erweist sich in den aktuellen Auseinandersetzungen um die Seenotrettung im Mittelmeer und um die Aufnahme von Geflüchteten in Europa.“

In seinem Festvortrag räumte der Generalsekretär der GEKE, Mario Fischer, ein, dass die evangelischen Kirchen lange Zeit benötigt hätten, ihre europäische Dimension zu entdecken. Erst 1989/90 mit der Überwindung der Ost-West-Trennung sei der europäische Einigungsprozess in den Horizont evangelischen kirchlichen Denkens geraten. Fischer zufolge wird die Stimme der Kirchen in der EU vor allem dann gehört, „wenn sie Minderheitspositionen aufgreifen, nicht aus einer privilegierten Position heraus argumentieren, grundlegende Überlegungen anstellen, die zur Orientierung dienen und als Anwälte für Entrechtete eintreten.“ Aktuell habe die GEKE beim Europarat den Status einer internationalen Nichtregierungsorganisation (NGO) beantragt.

Dabei sieht Fischer auch innerhalb der GEKE Differenzen. Eine Herausforderung der GEKE sei es daher, „trotz großer politischer Differenzen in Europa in Gemeinschaft zu bleiben, Gespräche nicht abreißen zu lassen und eine Plattform für Austausch zu bleiben.“

Die Kirchenpräsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche, Susanne Bei der Wieden, warf einen Blick in die Zukunft: „Ich träume, dass unsere Urenkelkinder einander - und wiederum ihren Kindern und Kindeskindern - evangelische Geschichten von einem friedlichen Leben in Europa erzählen können und werden.“ Sie hoffe, dass auch 2073 noch von der Leuenberger Konkordie berichtet werde. „Wir haben große Aufgaben vor uns. In Europa, in der Kirche. Jeder und jede vor und hinter den eigenen Toren und Türen - und wir gemeinsam.“


Quelle: ErK