Wenn Hänsel und Gretel Waffen hätten

Beckers Neuland - Irgendwas mit Medien

Hänsel and Gretel; Darstellung von Alexander Zick (1845 - 1907)

Wenn Hänsel und Gretel Waffen hätten - Waffenlobby bietet neue Versionen bekannter Märchen

Für einiges Aufsehen sorgt in diesen Tagen eine Veröffentlichung der National Rifle Association (NRA), also der Nationalen Schusswaffenvereinigung" in den USA. Auf ihrer Internetseite bietet die Vereinigung derzeit Neufassungen bekannter Märchen der Gebrüder Grimm. Die Idee dahinter: Es wird gezeigt, dass die Geschichten ganz anders verlaufen wären, hätten Rotkäppchen oder Hänsel und Gretel Schusswaffen dabeigehabt. Was wie eine Satire anmutet, ist bitterer Ernst. So heißt es etwa in der NRA-Version:

Was sollen wir tun?, weinte die Mutter: Wir haben im Winter nicht genug Nahrung für die ganze Familie.Hänsel und Gretel fassten daraufhin den Plan, der Familie zu helfen. Zum Glück hatten sie gelernt Waffen zu benutzen und waren oft mit ihren Eltern auf der Jagd gewesen.

Im Laufe der Erzählung erlegen sie dann nicht nur einige Tiere als Nahrung für die Familie, sondern sie befreien auch noch zwei Jungen, die die Hexe in ihrem Knusperhäuschen gefangen hält. Und schließlich sperren der Sheriff und die bewaffnete Dorfbevölkerung die Hexe in ihren eigenen Käfig, damit sie keinem Kind mehr etwas antun kann.

Die Verantwortlichen bei der NRA betonen, dass die ursprünglichen Märchen einfach sehr grausam seien. Sie würden ganz anders ablaufen, wenn die Protagonisten gelernt hätten, Schusswaffen zu benutzen. Wörtlich heißt es auf der Internetseite: Wir hoffen, Sie und ihre Kinder genießen diese Veröffentlichungen!

Die Texte stammen von der Bloggerin Amelia Hamilton, die Illustrationen erstellte Amy Hulse. Wer die Märchen bei der NRA nachlesen möchte, findet sie unter diesem Link:
http://www.nrafamily.org/articles/2016/1/13/little-red-riding-hood-has-a-gun/
oder hier: http://www.nrafamily.org/articles/2016/3/17/hansel-and-gretel-have-guns/

Gleichzeitig berichtet übrigens die Washington Post in diesen Tagen, dass in 2016 in den USA bisher mindestens 52 Kinder unter 18 Jahren zur Waffe gegriffen und aus Versehen auf sich selbst oder andere geschossen haben. Erst Anfang März hatte ein Vierjähriger in Florida seiner Mutter im Auto mit einer Kugel versehentlich in den Rücken getroffen.

Bernd Becker
Pfarrer und Geschäftsführer des Evangelischen Presseverbandes für Westfalen und Lippe, 5. April 2016

Illustrationen von Amy Hulse / NRA zur Ansicht hier