Vielmehr verdient die Aussage unsere Aufmerksamkeit und unser Mitgefühl. Aus diesen Worten spricht eine echte Not, um nicht zu sagen pure Verzweiflung.
Wie muss sich ein Mensch – in diesem Fall ist wohl auch von Belang, dass es sich um einen Mann handelt – wie schlimm muss es also sein, sich so in die Ecke gedrängt zu fühlen. Vielleicht hat sich Herr S. aus M. gerade eben ein neues Spitzenmodell aus der Flotte der seiner Provinz entstammenden Motorenwerke erstanden? Möglicherweise gar einen Benziner, der zwar einen besseren Ruf aber dafür noch mehr Ausstoß hat? Wenn dem so wäre, wäre die Wendung als im Affekt entstanden zu entschuldigen.
Doch es sind sicher auch die vielen Wissenschaftler schuld, die immer wieder Öl ins Feuer – nein in diesem Fall wohl eher Wasser ins Bier oder was auch immer – jedenfalls dem Herrn Minister mit ihren Studien Fallen stellen. Unablässig erfinden sie solche Zusammenhänge von Verkehrstoten und überhöhter Geschwindigkeit. Dabei hat noch nie ein solches Verkehrsopfer eine Anzeige erstattet oder gar einen Prozess gewonnen.
Aus einer anderen Ecke sticheln diese überkorrekten Gesundheitsapostel, die sich weltweit verschworen haben, IHM weismachen zu wollen, dass schnelles Fahren mehr Benzin verbraucht. Haben die feinen Damen und Herrn in den Laboren jemals daran gedacht, dass wer schneller fährt, schließlich kürzer unterwegs ist und damit Sprit spart?
Und haben nicht unlängst über 100 (was für eine gigantische Zahl!) Lungenärzte ihre Kollegen darüber in Kenntnis gesetzt, dass Rauchen noch viel gefährlicher sei als neben einer vierspurigen Straße zu wohnen? Und werden nicht bei den Aufstellern von Messstationen mafiöse Strukturen vermutet, um mit Hilfe von dubiosen Anwälten und Fahrverboten Milliarden abzuzocken?
Doch am meisten setzt dem als zurückhaltend bekannten Politiker zu, dass seine europäischen Kollegen so vernagelt sind und nicht merken, auf welchen Abwegen sie sich befinden. In fast allen Ländern werden die Bürgerinnen und Bürger grundlos mit einer Höchstgeschwindigkeit von 120 (was für eine lächerliche Zahl!) Stundenkilometern gegängelt. Nicht einmal seine Amtskollegen aus Afghanistan und Nordkorea, Bhutan, Burundi, Myanmar und Nepal, auch nicht aus Somalia und dem Libanon haben ihm zu seiner Haltung gratuliert, obwohl sie den größten Teil der Menschheit repräsentieren, der ohne Tempolimit auskommt.
Was ein echter Politiker ist, lässt sich freilich von so viel Unachtsamkeit und Unverstand nicht aus der Fassung bringen. Die überwältigende Mehrheit von 47 Prozent ist immer noch gegen eine Geschwindigkeitsbegrenzung. Dabei ist auch diese Umfrage ein Betrug, wenn man bedenkt, dass auch die Meinung von Menschen beachtet worden ist, die kein Auto besitzen.
Das Fazit des Ministers: Es gibt definitiv keinen vernünftigen Grund für ein Tempolimit. Weil er zwar gutaussehend, aber dennoch ein bisschen „gschamig“ ist, verschweigt er von den vielen Gründen für Tempo 200 den wichtigsten. Dieser ist vielen Männern auch ein bisschen peinlich, deswegen sind sie ihrem Fürsprecher für seine Verschwiegenheit dankbar. Wissenschaftlich ausgedrückt hat es etwas mit Botenstoffen zu tun, die auch bei anderen seltenen Gelegenheiten im Leben ihre Wirkung entfalten. Doch darüber spricht man nicht öffentlich. Die anderen guten Gründe sind ja auch ausreichend stichhaltig.
Georg Rieger