In seinem Vortrag führte er aus, dass unter den heutigen Bedingungen „die staatliche Verfasstheit Israels“ die einzige „realistische Möglichkeit“ für das jüdische Volk sei, seine Verbindung zum Land Israel „selbstbestimmt verwirklichen zu können“. Schneider: „Solange dies der Fall ist, stehen wir als Christinnen und Christen in Solidarität mit dem Staat Israel, für dessen Existenz wir einzutreten haben.“
Der Staat Israel habe aus protestantischer Sicht dieselbe Funktion und Qualität wie jeder andere Staat auch, nämlich „Schutzgehäuse“ für seine Bürgerinnen und Bürger zu sein. Eine religiöse Überhöhung des Staates Israel sei „theologisch unzulässig“ und gefährde die Bemühungen um einen friedlichen Interessenausgleich zwischen den Bürgern Israels und seinen arabischen Nachbarn, so Schneider unter Verweis auf die EKD-Schriften „Christen und Juden I-III“, die zwischen 1975 und 2000 entstanden sind.
Unter dem Eindruck „konkreter Existenzbedrohung für den Staat Israel, an der sich tragischer Weise bis heute nicht genug geändert hat“, habe unter anderem der spätere rheinische Präses Karl Immer 1967 die besondere Verantwortung der Deutschen für den Staat Israel so beschrieben: „Wir Deutsche, die wir in schrecklicher Weise an Israel schuldig geworden sind, haben eine Mitverantwortung für den Staat Israel als die letzte Heimat vieler Menschen, die aus unserem Land stammen und dem von uns Deutschen ins Werk gesetzten Völkermord an den europäischen Juden entronnen sind.“
Es sei die Aufgabe der Kirche, „freundschaftlich und tief verbunden dem Staat Israel zur Seite zu stehen“. Diese Freundschaft, so der Ratsvorsitzende, schließe allerdings notwendige Kritik ein, wie zum Beispiel den Hinweis auf „gesellschaftliche Fehlentwicklungen und alltägliche Diskriminierungen; den Widerspruch gegen politische Entscheidungen, die zu Ungerechtigkeiten und Unfrieden führen wie z.B. die Siedlungspolitik und die Erteilung bzw. Verweigerung von Baugenehmigungen.“ Präses Schneider betonte, die evangelische Kirche solle sich davor hüten, von außen Konflikte zu lösen zu wollen, denn: „Lösen können den Konflikt nur die Konfliktparteien selbst. Besserwisserei unsererseits verbietet sich.“
Der Ratsvorsitzende deutete die biblische Geschichte von Abram und Lot (1. Mose 13) aus, da sie, so Schneider, eine „besondere Hoffnung auf dem Weg zu einer Lösung des Nahost-Konflikts begründen könnte.“ Sie handele schon damals von einer „Zweistaaten-Lösung“, die, so der Präses, die „nicht nur damals, sondern auch heute noch die vorerst einzige Perspektive für eine friedliche Koexistenz zu sein scheint.“
Hannover, 17. Januar 2012
Pressestelle der EKD
Reinhard Mawick
Ein schwieriges Verhältnis? Die evangelische Kirche und der Staat Israel
Nikolaus Schneider, Tagung des Koordinierungsrates Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit, Berlin
Kirchen stellen sich an die Seite Israels (epd-Meldung vom 17. Januar 2012 auf evangelisch.de)