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Bänke raus!
Einspruch! - Mittwochs-Kolumne von Georg Rieger
In Nürnberg ist es gerade ein großer Aufreger. Eine der beiden Hauptkirchen, die St. Lorenz Kirche, hat ihre Bänke aus der Kirche geschafft und zelebriert – als einen Programmpunkt der Reformationsdekade – den so gewonnenen „Spielraum“. Die Aktion ist vorübergehend, kostet viel (gesponsertes) Geld und will provozieren. Die Reaktionen könnten unterschiedlicher nicht sein: von Begeisterung bis hin zu scharfer Kritik lässt sich alles vernehmen. Und selbst ein Urheberstreit über die künstlerische Ausgestaltung der Aktion ist entbrannt.
Ein paar Häuser weiter, in der reformierten St. Martha Kirche, wird die Diskussion verhältnismäßig leise, dafür aber mit langfristiger Perspektive geführt. Die Kirche ist abgebrannt, die Bänke waren aber ausgelagert. Sind also noch da. Könnten also wieder eingebaut werden.
Aber baut man in einen Kirchenraum, den neu zu gestalten man die Gelegenheit hat, wieder Kirchenbänke fest ein? Daran scheiden sich die Geister auch in St. Martha.
Die Kirchenbank ist keine Erfindung der Reformationszeit, doch wurde sie auf evangelischer Seite bald zum Standardinventar. Denn eine halbstündige Predigt – und so engagierte Prediger gab es auch auf lutherischer Seite – ist nicht im Stehen zu ertragen. Also setzten sich alle protestantischen Gläubigen brav hin.
In vielen Gegenden wird ausgerechnet zum Beten aufgestanden. Damit man das Wichtigste nicht verschläft? Sinniger wäre es, zum Singen aufzustehen. Aber das ist ein anderes Thema.
Die Bänke durch Stühle ersetzen, das war die Idee, die aus den Workshops zum Wiederaufbau der St. Martha Kirche hervorging. So wie die Kirche vor dem Brand mit Bänken quasi zugebaut war, so soll sie nun flexibel sein für verschiedene Szenarien: kleine kommunikative und große Gottesdienste und Konzerte. Ausstellungen, Kaffeetrinken nach dem Gottesdienst, Synoden abhalten und zur Vesperkirche einladen. Mit Bänken wäre das alles nicht zu machen. So die einen.
Doch auch für Bänke spricht einiges: Kirchenbänke tragen zum Gesamteindruck einer Kirche bei. Auf den glatten Sitzflächen kann man einfach zusammenrücken und gewinnt dadurch zusätzliche Sitzgelegenheiten. Und zu guter Letzt sind Kirchenbänke einladend und kommunikativ.
Die Diskussionen verlaufen nicht immer so sachlich und abwägend. Wie bei Kirchens so üblich wird gerne die eine oder andere Geschmacks- zur Glaubensfrage hochstilisiert. Getreu dem Motto, dass nichts nicht theologisch ist, könnte man aber eine Theologie der Kirchenbank ernsthaft nur so formulieren, dass jedwede Körperhaltung und jedwedes Hilfsmittel allein dem Lob Gottes dienen muss. Dies wiederum gelingt nur, wenn der Mensch sich wohlfühlt und nicht abgelenkt wird.
Das Presbyterium in Nürnberg hat übrigens beschlossen, die eingelagerten Bänke abzugeben – sei es an eine Kirche, die sie brauchen kann, oder an Privatpersonen, die gerne eine Erinnerung an die „alte“ St. Martha Kirche hätten. Stattdessen macht man sich auf die Suche nach einer gleichsam salomonischen Lösung, nämlich einem Stuhlmodell, das sich zur Bank umfunktionieren lässt.
Georg Rieger
Kommentar von Günter Baum, Osnabrück:
Günter Baum empfiehlt die Lösung in der Lutherstadt Eisleben:
"Da haben sie Luthers Taufkirche renoviert und aus Obstbaumholz der Umgebung lauter kleine Bänke (jeweils für 2-3 Personen, gut tragbar) machen lassen - sieht wunderbar aus, ist mobil und hat nicht die Last der oft durcheinanderstehenden Stühle..."
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Kommentar von Gudrun Kuhn, Nürnberg:
JAAAAAAA - die mobilen Bänke in Luthers Taufkirche (auch innen nach einem Wettbewerb neu gestaltet) sind wunderbar. Und der Kirchenführer hat uns versichert, dass sie problemlos umgestellt werden können.
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Kommentar von Bernd Kehren - theopoint.de:
Zumindest vorne sollte man sich durch Stühle neue Spielräume erarbeiten. Weiter hinten: Bänke haben auch ihre Vorteile: Man kann darin enger zusammen rücken als auf Stühlen. Aber die Frage geht doch weiter: Tauscht man nur die Möbel aus, oder nutzt man sie dann auch anders? Nutzt man sie nur nach dem Gottesdienst anders, etwa zu Kaffee trinken? Oder verändern sie auch die Liturgie? Feiert man den Gottesdienst anders? Offener? Kündigt man immer noch die Kollekte des letzten Sonntags ab - oder lieber die Krankheit von Frau Müller und betet für sie? Bleibt der Gottesdienst linear? Oder kommt Bewegung in ihn hinein? Wenn sich im Gottesdienst nichts ändert, sollte man die Bänke lassen. Aber wenn man der Meinung ist, dass Gottesdienst heute anders, offener sein sollte - und möchte man daran arbeiten -, dann sollte man Stühle stellen. Überhaupt sollt Kirche öfter zwischen den Stühlen sitzen als drauf...