Saras Lachen
Predigt zu Gen 18, 1-2. 9-15 am 4. Sonntag im Advent, 20. Dezember 2020
Und der HERR erschien ihm im Hain Mamre, während er an der Tür seines Zeltes saß, als der Tag am heißesten war. Und als er seine Augen aufhob und sah, siehe, da standen drei Männer vor ihm. Und als er sie sah, lief er ihnen entgegen von der Tür seines Zeltes und neigte sich zur Erde. Da sprachen sie zu ihm: Wo ist Sara, deine Frau? Er antwortete: Drinnen im Zelt. Da sprach er: Ich will wieder zu dir kommen übers Jahr; siehe, dann soll Sara, deine Frau, einen Sohn haben. Das hörte Sara hinter ihm, hinter der Tür des Zeltes.
Und sie waren beide, Abraham und Sara, alt und hochbetagt, sodass es Sara nicht mehr ging nach der Frauen Weise. Darum lachte sie bei sich selbst und sprach: Nun, da ich alt bin, soll ich noch Liebeslust erfahren, und auch mein Herr ist alt!
Da sprach der HERR zu Abraham: Warum lacht Sara und spricht: Sollte ich wirklich noch gebären, nun, da ich alt bin? Sollte dem HERRN etwas unmöglich sein? Um diese Zeit will ich wieder zu dir kommen übers Jahr; dann soll Sara einen Sohn haben. Da leugnete Sara und sprach: Ich habe nicht gelacht -, denn sie fürchtete sich. Aber er sprach: Es ist nicht so, du hast gelacht.
Es ist lange her, dass in einer Adventszeit so sehnlich gehofft und erwartet wurde wie in dieser. Auf einmal kommt das Wort Erlösung nicht mehr nur in Predigten vor. Und das ungeduldige „Wie oft müssen wir denn noch schlafen?“ empfinden nicht nur Kinder im Warten auf den Heiligen Abend. Hoffnung und der Wunsch nach Erlösung, eine riesengroße Sehnsucht nach dem Ende der Pandemie und der Rückkehr zu einem normalen Leben verbindet in dieser Adventszeit alle Generationen miteinander.
Junge und Alte, Kinder und Greise und alle dazwischen sind gleich betroffen. Es gibt es niemanden, der nicht aktiv wartet, darauf, dass das Leben wieder anfängt, auf Unterricht ohne Maske, darauf, endlich die anderen Studis nicht nur am Bildschirm zu sehen. Wir warten auf ganz normale Freizeitaktivitäten und auf den Besuch der Enkelkinder.
Enkelkinder ist ein gutes Stichwort. Es war schon lange her, dass Sara und Abraham noch einmal aufgebrochen waren. Sie sollten endlich bekommen, was sie sich schon lange von Herzen wünschten: Eine neue Heimat und Kinder. Es war mutig von Gott, dies einem 75jährigen und seiner nur wenig jüngeren Frau zu versprechen. Jetzt, fast ein Vierteljahrhundert später, erneuert Gott sein Versprechen noch einmal. Und es ist kein Wunder, dass Abraham vor Lachen umkippt: „Da fiel Abraham auf sein Angesicht und lachte und sprach in seinem Herzen: Soll mir mit hundert Jahren ein Kind geboren werden?“ (1. Mos 17,17).
Das sagt er aber nur zu sich. Gott gegenüber versucht er, die Fassung zu bewahren und das bittere Lachen herunterzuschlucken. Weiße Haare und kein Kind, so sitzen sie jeden Tag in der Mittagshitze im Schatten der Bäume, im Eingang des Zeltes: Was soll noch kommen?
Aber dann kommt Besuch. Und jetzt kommt Leben in die beiden. Nun ist etwas zu tun, sie sind gefordert. Das Tempo ihres Lebens beschleunigt sich mit einem Mal wieder. Endlich haben sie mal nicht alle Zeit der Welt, sondern beeilen sich, weil die Gäste ja warten. Abraham muss schlachten, Sara muss kochen und backen. Einmal keine bescheidene Mahlzeit zu zweit, sondern ein kleines Festessen. Sie haben doch schon so lange gewartet. Ein Warten, dem die Hoffnung längst abhandengekommen ist.
Dann essen die Gäste. Ein Moment der Ruhe und in die Stille hinein eine Frage. Wo ist Sara? Abraham, der sich aufgemacht in ein neues Land, ist ja nicht alleine gekommen. Heimat, die könnte er auch allein finden, aber Zukunft, Kinder gibt es nur zusammen mit seiner Frau. Und unglaublich, was der Besuch dann verspricht. Es wird diese Zukunft geben. Das unbestimmte Warten wird ein Ende haben. Etwas, was sich alle Wartenden, alle, die hoffen, von ganzem Herzen wünschen, in diesen Tagen mehr als je zuvor: Dass einer sagt, wann es endlich soweit ist. Der Besuch sagt: Ein Jahr noch, nur ein kurzes Jahr, und Sara wird ein Kind haben und die beiden eine Zukunft.
Sara lacht. Sie ist, wie wir wissen, nicht die erste. Und Abraham sagt jetzt gar nichts mehr. Die beiden haben doch schon genug zu tragen an ihrem vergeblichen Warten und ihren enttäuschten Hoffnungen. Dieses Versprechen stößt sich hart an der Wirklichkeit. Abraham schweigt und Sara lacht.
Ist denn irgendetwas unmöglich für den Herrn? Immer wieder in der Geschichte Gottes mit seinen Menschen gibt es das, was Abraham und Sara erlebten: Jahre des Wartens, Zeiten ganz ohne Hoffnung, eine Wirklichkeit, die alle Möglichkeiten zu ersticken droht. Von Gott kommt ein Versprechen. Es stößt sich an der Wirklichkeit, es muss Hindernisse überwinden und Rückschläge aushalten. Wir erleben etwas davon in unserer Zeit. Aber wir warten. Und lassen uns die Hoffnung nicht abhandenkommen. Denn ein Kind ist unterwegs.
Amen
Kathrin Oxen
Kathrin Oxen, Moderatorin des Reformierten Bundes, gibt Ihnen auf reformiert-info.de jeden Sonntag Materialien für den Gottesdienst für Zuhause, dazu eine aktuelle Predigt.
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