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Ulrich Zwingli - Prophet, Ketzer, Pionier des Protestantismus
von Peter Opitz
„Pionier“ und „geistigen Vater der reformierten Reformation“ nennt Peter Opitz den Zürcher Reformator Ulrich Zwingli (1484–1531). Ganz unaufgeregt nüchtern, aber im lebendigen Vortragstil stellt der Zürcher Professor für Kirchen- und Dogmengeschichte den „Propheten und Ketzer“ aus dem 16. Jahrhundert vor. Jenseits des Klischees vom Schweizer Nationalhelden, der gemäß seinem eigenen Motto „Tut um Gottes willen etwas Tapferes!“ auf dem Schlachtfeld von Kappeln fiel, am Ende seines Lebenslaufs vom romtreuen Volkspriester zum Zürcher Reformator, skizziert Opitz Ulrich Zwingli. Der Reformator wird lebendig als ein humanistisch geprägter Denker, dessen private Bibliothek zu 40% aus philosophischer Literatur bestand, und der als Exeget tief im biblischen Denken verwurzelt war. Letzteres zeigt sich etwa in seinem Verständnis des Abendmahls: In Erinnerung an die göttliche Heilsgeschichte wird die feiernde Gemeinde in diese hineingenommen gemäß des hebräisch-biblischen Verständnisses von der Vergegenwärtigung Gottes.
Nach dem „Schlagabtausch“ mit Luther um das rechte Verständnis des Abendmahls wünschte Zwingli sich trotz des Scheiterns im Marburger Religionsgespräch 1529 eine „brüderliche“ Verbindung mit dem Wittenberger Reformator, betont Opitz. Zwingli strebte, als „Eidgenosse den Umgang mit einer gewissen Pluralität der Meinungen gewohnt“ und als „humanistischer Bibelforscher“ vertraut mit „Diskussionen über Fragen der Bibelauslegung“, nach einer innerprotestantischen „versöhnten Verschiedenheit“.
Für eine nationale oder gar religiöse „Symbolfigur“ habe Zwingli sich nie geeignet, ist Opitz überzeugt. Vielmehr sei er „Anreger“ gewesen, „dessen Name hinter seinen Wirkungen zurücktritt“. So „kleinräumig Zwinglis unmittelbares Wirken in Zürich und der Eidgenossenschaft“ gewesen sei, sei doch seine „indirekte Ausstrahlung auf Europa und auf den weltweiten Protestantismus“ erheblich.
Die biografische Kürze von rund 120 Buchseiten samt zahlreichen Bildtafeln passt zu einem von Zwingli geprägten Frömmigkeitstypus, der wenig von sich selbst niederschrieb, fügt sich stimmig dem Selbstverständnis des Reformators als „Gefäß“ oder „Handgeschirr“ Gottes, dessen Name, wären seine Schriften „einmal von allen gelesen“, „allenthalben wieder in Vergessenheit“ geraten solle.
Um die Bandbreite dessen zu durchwandern, was Zwingli als prophetischer Zeuge für das „Füllhorn“ Gottes erkannte und verbreitete, reicht ein schmaler Band allerdings nicht. Opitz deutet nur an, wo Zwinglis Denken weiterwirkte und weiterwirkt – in reformierten „Schlüsselthemen“:
- wie der Integration der Rechtfertigungslehre in eine Versöhnungstheologie,
- der Bundestheologie, die das Neue Testament aus der Verbindung mit der Hebräischen Bibel versteht,
- einem Denken, das Gottes Gerechtigkeit als Ausdruck seiner Güte und Barmherzigkeit interpretiert,
- einem Gottesdienstverständnis, das Bibelauslegung und Gebet als seine zentralen Elemente sieht,
- der Einbettung der individuellen Gottesbeziehung in die christliche Gemeinschaft.
- Ja, sogar bei der ersten These der Barmer Erklärung von Christus als dem „einen Wort Gottes“ ließ Barth sich von Zwingli anregen.
Die Vorfreude auf das Zwinglijubiläum 2019 ist dank Opitz jetzt schon geweckt.
Peter Opitz
Ulrich Zwingli
Prophet, Ketzer, Pionier des Protestantismus
2015, 120 Seiten, 14.0 x 21.0 cm,
Paperback mit zahlreichen farbigen und s/w-Abbildungen
ISBN 978-3-290-17828-4
CHF 22.80 - EUR 19.90 - EUA 20.50
Barbara Schenck, 20. November 2015