Demokratiemüdigkeit

Mittwochskolumne von Paul Oppenheim


© Pixabay

Präsident Biden verkündet in Warschau, die Demokratien seien stärker geworden, die Autokratien seien geschwächt worden, als ob Waffen über die Stärke der Demokratie entscheiden. Sind nicht ganz andere Faktoren wichtiger?

In der Demokratie werden Regierungsentscheidungen vom Mehrheitswillen der Bevölkerung, nicht vom Willen einer Einzelperson oder einer Interessengruppe bestimmt. Seltsamerweise behaupten beinahe alle Staaten, Demokratien zu sein, auch wenn sie weder Meinungsfreiheit noch freie Wahlen zulassen. Auch Einparteienstaaten und Diktaturen berufen sich auf den angeblichen Mehrheitswillen ihrer Bevölkerung.

Das demokratische Ideal scheint aber selbst in seinen Hochburgen allerlei Rückschläge zu erleiden. Populisten gelingt es, mit der Verbreitung von „Fake News“ große Teile der Bevölkerung zu täuschen. Medien, insbesondere die sogenannten „Sozialen Medien“, und sogar spezialisierte Agenturen praktizieren Wahlbeeinflussung im großen Stil. Umfrageergebnisse werden wichtiger als der Ausgang von Wahlen.

Den größten Schwächeanfall erleidet aber repräsentative Demokratie, wenn sich immer mehr Menschen weigern, zur Wahl zu gehen. Die niedrige Wahlbeteiligung in den „westlichen Ländern“ gefährdet die Demokratie ebenso wie das Verhalten jener Politiker, die Wahlergebnisse in Frage stellen. Immer mehr Menschen misstrauen dem Grundprinzip der repräsentativen Demokratie. „Wahlen ändern sowieso nichts“, „auf meine Meinung hört niemand“, „Die da oben machen sowieso, was sie wollen“. Solche und ähnliche Sätze hört man allenthalben.
Hand in Hand mit Wählerfrust wächst die Bereitschaft zu Protestaktionen.

Festkleben und Denkmäler-Beschmieren sind die neuesten Protestformen, die einhergehen mit dem Ruf nach direkter Demokratie und Bürgerräten anstelle von Parlamenten. Das hat es zu Zeiten der APO in den 1960er Jahren alles schon gegeben, aber umso wichtiger ist es, Wahlen sorgfältig durchzuführen und mit dem Wählerwillen behutsam umzugehen. Mit diesen Worten blicke ich besonders nach Berlin, wo eine verschlampte Wahl der Demokratie großen Schaden zugefügt hat und die Missachtung des Wahlergebnisses fatale Folgen für die Akzeptanz repräsentativer Demokratie haben würde.

Die Nachrichten aus Berlin lassen aufhorchen. Eine Politikerin ist bereit den Wählerwillen zu akzeptieren, auch wenn sie rein rechnerisch auf dem Posten der Oberbürgermeisterin hätte bleiben können. Das stärkt Demokratie und verdient Respekt.


Paul Oppenheim

'Wer keine Hoffnung hat, braucht keine Zukunft'

Video-Interview mit Thomas Adomeit (Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg)
Hoffnung nährt uns und ist immer ein Trotzdem: Thomas Adomeit spricht in unserem Video-Interview darüber, wie wir dem Klimawandel mit Zuversicht und Motivation entgegentreten können.

'Wir müssen die Auseinandersetzung suchen'

Video-Interview mit Susanne Brandes (Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus)
Was ist Populismus - greift zum Wahlkampf nicht jede Partei zu populistischen Thesen? Wo die Grenzen und die Gefahren des Populismus liegen, darüber spricht mit uns Susanne Brandes.

'Wünsche mir Kirche als Botschafterin der Versöhnung'

Video-Interview mit Christine Schliesser (Zentrum Glaube & Gesellschaft, Universität Fribourg)
Hat der Ukrainekrieg in der Friedensdebatte eine "Zeitenwende" ausgelöst? Christine Schliesser findet: Friedensethik ist nicht nur für Zeiten des Friedens bestimmt.

Hans-Georg Ulrichs lehrt an der Universität Basel

Reformierter Theologe zum Privatdozenten ernannt
Hans-Georg Ulrichs zieht es in die Schweiz: Reformierter Theologe hat sich an die theologische Fakultät der Universität Basel umhabilitiert.

'Gebet und Politik gehören zusammen'

Video-Interview mit Dagmar Pruin (Präsidentin von Brot für die Welt)
Beim Deutschen Evangelischen Kirchentag 2023 gestaltete sie gemeinsam mit James Bhagwan (Generalsekretär der Pazifischen Kirchenkonferenz) ein Politisches Abendgebet - ganz in der Tradition Dorothee Sölles.

'Reform ist historische Schande'

Video-Interview mit Julian Pahlke (Bundestagsabgeordneter, B90/Grüne)
Im Juni 2023 einigte sich die EU auf einen Kompromiss: Das Asylrecht soll verschärft werden. Pahlke kritisiert den Beschluss - und fordert stattdessen eine bessere Integration von Geflüchteten.

Für die Opfer der Hexenverfolgung

Lippe: Gedenkveranstaltung am Mahnmal in der Anna-Maria-Tintelnot-Twete
Zwischen 1583 und 1676 fielen in Detmold und Umgebung rund 50 Menschen dem Hexenwahn zum Opfer. Der Ortsverein Detmold des Lippischen Heimatbundes würdigte sie in einer sie in einer Gedenkveranstaltung.

Keine Wahrheit ohne Liebe

EKvW: Westfälische Präses warnt zu Pfingsten vor Wahrheitswut
„Lieblose Wahrheit ist Rechthaberei, schlimmstenfalls wird sie zu fanatischem Fundamentalismus“, so Annette Kurschus in ihrer Pfingstbotschaft.

'Nicht rational greifbar'

ErK: Susanne Bei der Wieden zu Christi Himmelfahrt
In einem Open-Air-Gottesdienst am Ditzumer Hafen predigte sie über den Zauber des Feiertag: „Himmelfahrt, das ist ein emotionales Erleben. Ein großes Gefühl.“

'Es geht um einen Bund, den Gott mit seinem Volk geschlossen hat'

WGRK: Präsidentin Kassab ruft zu erneuertem Engagement auf
Die Arbeit in den Regionen zu fördern, sei das Herzstück einer starken Gemeinschaft. Sie gehe damit Hand in Hand mit der Arbeit auf der globalen Ebene.